Die geleistete Arbeitszeit muss in jetzt registriert werden. © Brands&People / Unsplash

Die geleistete Arbeitszeit muss jetzt registriert werden.

© Brands&People / Unsplah

Vertrauensarbeitszeiten vor dem Aus? Arbeitszeiterfassung ist in Deutschland Pflicht

Ob online, per Excel-Liste oder auf einem Blatt Papier: Mit dem Grundsatzurteil 1 ABR 22/21 des Bundesarbeitsgerichts sind Arbeitgebende nun dazu verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die geleistete Arbeitszeit registriert werden kann. Florian Berr, Vice President DACH der Personalmanagement-Software Planday erklärt, was Unternehmen beachten müssen.

von redaktion
21. Oktober 2022

Bis zum 13. September 2022 gab es in Deutschland rechtlich noch keine klare Regelung zur Zeiterfassung in den Betrieben, geschweige denn eine Pflicht, diese überhaupt zu dokumentieren. Mit dem Grundsatzurteil 1 ABR 22/21 des Bundesarbeitsgerichts (BAG) soll sowohl für Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende nun aber Klarheit in die Erfassung gebracht werden: Denn Arbeitgebende sind neu dazu verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die geleistete Arbeitszeit registriert werden kann.

Dabei müssen nicht nur die Arbeitszeiten, die über acht Stunden pro Arbeitstag hinausgehen, sowie die gesamte Sonn- und Feiertagsarbeit erfasst werden, wie es nach dem bisherigen geschriebenen Recht der Fall war. Arbeitgeber:innen müssen nun generell Beginn und Ende sowie die Gesamtdauer der täglichen Arbeitszeit und der Arbeitspausen aller Arbeitnehmer:innen aufzeichnen – und dies gilt unabhängig davon, ob jemand im Büro, in der Fabrikhalle, von zu Hause oder remote arbeitet. »Die Entscheidung betrifft Arbeitgebende deutschlandweit, in allen Betrieben und gilt für alle Beschäftigten«, sagt Florian Berr, Vice President DACH der Personalplanungssoftware Planday. Berr argumentiert weiter, dass diese Pflicht mit der Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes nach dem sogenannten »Stechuhr–Urteil« des Europäischen Gerichtshofs von 2019 begründet wird. Nach dem deutschen Arbeitsrecht musste man bisher nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentieren, nicht jedoch die gesamte Arbeitszeit.

Florian Berr ist Vice President DACH der Personalmanagement-Software Planday. Foto beigestellt
Florian Berr ist Vice President DACH der Personalmanagement-Software Planday.
Foto beigestellt

Zeiterfassung schafft Nachvollziehbarkeit

Auch Arbeitgeber:innen, die bisher auf Vertrauensarbeitszeiten setzten, sind ab sofort dazu verpflichtet, ein solches Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. »Vertrauensarbeitszeit ist dann nur so zu verstehen, dass die Zeiterfassung nicht zum Zwecke der Kontrolle, ob jemand ›genug‹ gearbeitet hat, sondern nur zur Kontrolle der Einhaltung der Grenzen des Arbeitszeitgesetzes erfolgt«, beschreibt Berr.  Man vertraut also auch weiterhin darauf, dass die Beschäftigten ihre Arbeitszeit selbst gestalten dürfen und man nicht kontrolliert, ob diese angemessen ist oder die vereinbarten Stunden gearbeitet werden.

Die Arbeitszeiterfassung ist jedoch nicht erst seit Verkündung dieses Grundsatzurteils oder des Europäischen Gerichtshof-Urteils ein sinnvoller Bestandteil insbesondere der Branchen, in der Mitarbeiter:innen häufig nach Stunden bezahlt werden, wie in der Gastronomie oder Hotellerie. Ein wichtiger Punkt in der Gesetzesänderung dreht sich nun jedoch um das Tracken der erbrachten Stunden zur leichteren Nachvollziehbarkeit. Hierbei soll es zuständigen Behörden eben beispielsweise durch den Einsatz digitaler Tools ermöglicht werden, die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte besser zu schützen. »Generell haben Arbeitnehmer:innen schon jetzt das Recht, die geleisteten Stunden auch selbst zu erfassen und die entsprechende Vergütung dafür einzufordern«, macht Berr klar und verweist auf digitale Tools, die hierbei Transparenz für alle Beteiligten schaffen könnten und verhindern würden, dass eine der beiden Parteien bei den Stundennachweisen in Erklärungsnot gerät.

Analog oder digital

Das neue Arbeitszeiterfassungssystem kann dabei sowohl ein elektronisches Erfassungssystem als auch eine Selbstaufzeichnung durch die Arbeitnehmer:innen sein. Zudem können Arbeitgebende die Verpflichtung zur Zeiterfassung an die Mitarbeitenden delegieren. Wichtig jedoch: Sie müssen sich die Aufzeichnungen immer wieder aushändigen lassen und sie regelmäßig stichprobenartig auf Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz überprüfen. »Ein Verstoß gegen diese Zeiterfassungspflicht kann aber nur dann mit einem Bußgeld geahndet werden, wenn Arbeitgeber:innen nicht mindestens alle Arbeitsstunden, die über acht Stunden pro Arbeitstag hinausgehen, sowie eben alle Arbeitsstunden an Sonn- und Feiertagen aufzeichnen«, erklärt Berr und spricht weiter: »Die ›neue‹, noch weitergehende Aufzeichnungspflicht für alle Arbeitnehmer:innen gilt nun, kann aber derzeit nicht sanktioniert werden.« Weiterer Hinweis von seiner Seite: Bisher sei nur die Pressemitteilung zu der Entscheidung veröffentlicht worden, es könne eine Neubewertung erforderlich sein. Wie die praktische Umsetzung des Urteils erfolgt, ist momentan ebenso noch ungewiss.

Lesenswert

Ricky Saward © Katharina Dubno

Ricky Saward © Katharina Dubno

Vegan

Ricky Saward: Provokation als Programm

Ricky Saward polarisiert: Mit dem weltweit ersten veganen Restaurant, das mit einem Guide-Michelin-Stern ausgezeichnet wurde – dem »Seven Swans – führt er die kulinarische Rebellion im schmalsten Haus Frankfurts an. Brutal regional ohne Gewürze, Kaffee und Schokolade, mit einer Garantie: seine Gäste zu verblüffen und gerne auch einmal anzuecken.

Anita Drommer © Platzl Hotels

Anita Drommer © Platzl Hotels

Marketing

Vielsagende Bilder, weniger Text: »Platzl Hotels« überarbeitet seine Markenwelt

Das Münchner Unternehmen will sein Corporate Design »emotionaler und moderner« gestalten.

»Eco Austria«-Direktorin Monika Köppl-Turyna © BMF/Wenzel

»Eco Austria«-Direktorin Monika Köppl-Turyna © BMF/Wenzel

Fachkräfte

1,2 Milliarden Euro: So viel kostet uns der Fachkräftemangel im Tourismus

»EcoAustria« hat die Effekte nicht besetzter Stellen im Tourismus berechnet.

Franz Eisl, Isabell Decker, Gerhard Höflehner, Barbara Hochkönig, Mathias Schattleitner, Renate Bauer und Gottlieb Stocker. © Gerhard Pilz

Franz Eisl, Isabell Decker, Gerhard Höflehner, Barbara Hochkönig, Mathias Schattleitner, Renate Bauer und Gottlieb Stocker. © Gerhard Pilz

Employer Branding

Innovation bei Employer Branding: Tourismusverband »Schladming-Dachstein« präsentiert neues Mitarbeiterkonzept

Unter dem Leitsatz »Gewinnen-Binden-Belohnen« soll nicht nur das Finden, sondern auch das Binden von neuen Fachkräften gefördert werden.

© Olha Soldatenko/ÖIF

© Olha Soldatenko/ÖIF

Fachkräfte

Über 200 Flüchtlinge informierten sich bei ÖIF-Karriereplattform über einen Job im Tourismus

Hotels wie »Vienna Marriott«, »Imperial«, »Bristol«, »Ritz-Carlton« und die »Imperial Riding School« präsentierten auf Einladung des »Österreichischen Integrationsfonds« offene Stellen sowie Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten.

Die Schüler:innen der Mittelschule Ehrenhausen verbreiteten »Gastrovibes« im »Ratscher Landhaus«. © Ratscher Landhaus

Die Schüler:innen der Mittelschule Ehrenhausen verbreiteten »Gastrovibes« im »Ratscher Landhaus«. © Ratscher Landhaus

Karriere

»Gastrovibes«: Michaela Muster will das veraltete Image der Gastronomie revolutionieren

Die »Ratscher Landhaus«-Chefin will mit ihrem Projekt Schüler:innen zeigen, wie toll die Branche sein kann.

Meist gelesen

Andreas Falkensteiner, Erich Falkensteiner und Otmar Michaeler © FMTG

Andreas Falkensteiner, Erich Falkensteiner und Otmar Michaeler © FMTG

Finanzen

»Falkensteiner« hat seine zwölfte Crowdinvestment-Kampagne gestartet

Die lukrierten Mittel fließen in die Erweiterung des »Resort Punta Skala« (Kroatien), die Neuentwicklung eines Familien-Hotelprojekts in Licata (Sizilien), die neue Camping-Brand und unternehmensweite Digitalisierungsmaßnahmen.

© BdS/Jens Jeske

© BdS/Jens Jeske

Aus- und Weiterbildung

Scharfe Currysoße, rauchende Köpfe und eine tolle Party: Das war der 14. »Teamcup der Systemgastronomie«

Knapp 100 Nachwuchskräfte aus ganz Deutschland und Österreich kamen an der Käthe-Kollwitz-Schule in Aachen zusammen und wetteiferten beim größten Wettbewerb der Branche um Punkte und Preise.

»Top 250 Germany«-Chef Reinhard Peter © Repecon

»Top 250 Germany«-Chef Reinhard Peter © Repecon

Tourismus

Fußball-EM 2024: So können Tagungshotels mit dem Großevent punkten

Tagungs-Experte Reinhard Peter hält ein paar Tipps bereit.

STG-Chef Michael Feiertag, Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl und Landeshauptmann Christopher Drexler © STG/Jesse Streibl

STG-Chef Michael Feiertag, Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl und Landeshauptmann Christopher Drexler © STG/Jesse Streibl

Steiermark

»Standortmarketing Steiermark« unterstützt Unternehmen bei der Fachkräftesuche

Durch den Einsatz von Marketingmaßnahmen sollen potenziellen Arbeitskräften die Vorzüge der »Grünen Mark« als Arbeits- und Wohnort nähergebracht werden.

© Shutterstock

© Shutterstock

Geschäftsreisen

Das Geschäft mit den Geschäftsreisen erholt sich nur langsam

Der »Verband Deutsches Reisemanagement« hat sich bei Unternehmen umgehört.

Das »Travel Charme Gothisches Haus« in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) gehört künftig zur »DSR Hotel Holding«. © Arne Nagel/DSR Hotel Holding GmbH

Das »Travel Charme Gothisches Haus« in Wernigerode (Sachsen-Anhalt) gehört künftig zur »DSR Hotel Holding«. © Arne Nagel/DSR Hotel Holding GmbH

Hotellerie

»Hirmer Gruppe« verkauft »Travel Charme«

»DSR Hotel Holding« sichert sich die Hotelgruppe zu der unter anderem die Luxushäuser »Straubinger« und »Badeschloss« in Bad Gastein gehören.

Der Newsletter für echte Profis

Be inside and take your chance! Regelmäßige Karriere-Updates aus Gastronomie und Hotellerie, kostenlos in Ihr Postfach!