Generation Smartphone: Bei den »Koncept Hotels« öffnet man bequem per Smartphone Zimmer und Türen im Hotel. © Koncept Hotels

Generation Smartphone: Bei den »Koncept Hotels« öffnet man bequem per Smartphone Zimmer und Türen im Hotel.

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Hotelkonzepte: Die Nische mit reduzierten Services wird größer

Selbst ist der Gast – so könnte man das Prinzip der »Revier Hospitality Group« und der »Koncept Hotels« nennen. Ein Konzept mit Sparpotenzial an Mitarbeiter:innen, die man aktuell ohnehin schwer findet. Plus: Reduzierte Services sprechen eine neue, digitalisierte Gäste-Zielgruppe an, die lieber 24/7 am Smartphone oder Terminal bucht.

von Alexandra Embacher
21. November 2022

Anfang Juni 2022 war in Österreich etwa jede zehnte Stelle in Beherbergung und Gastwirtschaft unbesetzt, der Beruf Kellner:in wurde zum Mangelberuf erklärt. Ob diese Maßnahme langfristig Wirkung zeigt, lässt sich im Moment nicht abschätzen. Die Tourismussprecherin der Grünen, Barbara Neßler, schätzt unabhängig davon strukturelle Änderungen für dringend nötig ein, die Gewerkschaft Vida fordert in einer Aussendung eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. So oder so: Es wird Zeit benötigen, die viele Betriebe nicht haben, da die Gäste nach der Corona-Pandemie zum Glück in nicht minderer Zahl zurückgekommen sind. Was also tun?

Bei der Schweizer »Revier Hospitality Group« und den deutschen »Koncept Hotels« geht man bereits einen anderen Weg: Es werden einfach – salopp formuliert – weniger Fachkräfte eingestellt. Möglich wird das durch an die Gäste ausgelagerte Prozesse. »Vor allem konzentrieren wir uns auf rückwärtige Bereiche«, beschreibt Daniel Renggli, Geschäftsführer der »Revier Hospitality Group«. »So ist der Gästeprozess von der Buchung bis zum Auschecken automatisiert. Nur in wenigen Fällen müssen wir hier manuell unterstützen.« Ebenso bei der täglichen Zimmerreinigung macht man Abstriche. Sie ist in der Basisleistung nicht inkludiert, kann aber dazu gebucht werden. Ab vier Nächten wird zwischengereinigt. »In der Schweiz sind wir bereits so weit, dass der Gast, sofern er das wünscht, mit seinem eigenen Handy bestellen sowie bezahlen kann und wir seine Konsumation an den Tisch liefern«, fährt Renggli fort. Für ihn sei das ein Mehrwert, »obwohl ich es selber machen muss«. Denn auf Personal zu warten, um bezahlen zu können, darauf hat er definitiv keine Lust.

Mountain Lodge: In den Hotels der »Revier Hospitality Group« ist immer etwas los, aber sicherlich kein Stau an der Rezeption. © Revier Hotels
Mountain Lodge: In den Hotels der »Revier Hospitality Group« ist immer etwas los, aber sicherlich kein Stau an der Rezeption.
© Revier Hotels

Was ein Gast (nicht) braucht

Das Sparpotenzial liegt also darin, gewisse Leistungen an den Gast auszulagern und an­ dere Vorgehensweisen effizienter zu machen. So auch bei den »Koncept Hotels«: beim Standort in der Kölner Innenstadt wurde der nahen Angebote zuhauf wegen, der Früh­stücksservice gestrichen. »Wir hinterfragen jeden Tag, was ein Gast in der jeweiligen Destination für einen Ser­vice erwartet und was er benötigt«, schildert Yvonne Mertens, Director of Operations & Sales der Hotelgruppe. »Dadurch können wir Konzepte, Ausstattungen und Hotels sehr zielgerichtet auf unser Klientel ausrichten.« So findet man in den Hotels Selbstbedie­nungsmodule für die Gäste vor, bei denen sie sich eigenständig etwa Handtücher, Toiletten­papier und Wasserkocher abholen können. Nötige Voraussetzung: Die Kommunikation zum Gast muss so eindeutig sein, dass der Ablauf von selbst verstanden wird. Wobei das Zielpublikum ohnehin in der neuen Generation liege, so Renggli, »die sehr digitalisiert ist und teilweise auch lieber selbst macht, anstatt sich bedienen zu lassen«. Die Begrüßung beim Eintreffen der Gäste lässt man sich bei der »Revier Hospitality Group« trotzdem nicht nehmen – und wenn Ansprech­partner:innen gebraucht werden, so sind sie da: »Es ist ja nicht so, dass es kein Personal zum Ansprechen gibt, aber die stehen einfach nicht hinter einem Pult und warten, bis je­mand kommt.«

»Unsere Mitarbeitenden sind Gang-Member und arbeiten dort, wo es Hilfe braucht.«
Daniel Renggli, Geschäftsführer der »Revier Hospitality Group«

Daniel Renggli, Geschäftsführer der Revier Hospitality Group© Revier Hotels
Daniel Renggli, Geschäftsführer der »Revier Hospitality Group«
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Fluide Abteilungen

Nicht von der Hand zu weisen ist der Vorteil des geringeren Bedarfs an Mitarbeiter:innen im Vergleich zu einem Haus, das einen Rund­ um­ Service anbietet. Dieser ist ebenfalls für Mertens zentral, wobei man dennoch ge­schultes, motiviertes und zuverlässiges Perso­nal im Bereich Housekeeping und Rezeption benötige. »Unser Vorteil ist allerdings, dass wir durch unsere digitale Infrastruktur und die eher ungewöhnlichen internen Abläufe auch Quereinsteiger:innen eine Chance geben können, bei uns ihre ersten Schritte in der Hotellerie zu gehen – auch ohne eine Ausbildung oder Berufserfahrung in der Hotellerie.« Wer sich bei solchen Konzepten nun aber fixe Abteilungen vorstellt, liegt zumindest bei der Schweizer Gruppe falsch. Am Vormittag im Housekeeping, am Nachmittag im Service; auch wenn die Fachkräfte ihre Stammaufgaben haben, sind ihre Abteilungen fluide. »Unsere Mitarbeitenden sind Gang-Member und arbeiten dort, wo es Hilfe braucht«, begründet Renggli dieses doch eher ungewöhnliche Modell. »Das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Kultur müssen hierfür stimmen.« Großes Ziel ist es dennoch, den Mitarbeiter:innen-Abfluss möglichst gering zu halten. In seinen Worten: »Wir müssen Alternativen und Perspektiven geben.«

»Der beste Gast ist der, der sich nicht meldet, weil er oder sie eine Frage hat. Das bedeutet nämlich, dass wir unseren Job richtig gemacht haben.«
Yvonne Mertens, Director of Operations & Sales der Koncept Hotels

Not everybodys Darling

Klar ist aber: In der gehobenen Hotellerie wird sich die dezimierte Personalriege nicht spielen. Diesen Anspruch erheben die beiden aber gar nicht: Auch wenn man eine 24-Stunden-Rufbereitschaft anbiete und jederzeit be- hilflich sein könne, so mag das nicht für jeden Gast geeignet sein. »Unsere Zielgruppe ist darauf basierend sehr scharf definiert, sodass wir natürlich den Wünschen und Ansprüchen eines Gastes, der es gewohnt ist, in einem Fünf-Sterne-Hotel zu übernachten, sehr schwer gerecht werden können«, grenzt Mertens die Zielgruppe ein. Und weiter: »Der ausschlaggebende Punkt bei diesen Gästen ist dann tatsächlich, dass der persönliche Bezug zum Personal fehlt. Aber damit müssen wir leider rechnen.« Ebenso Renggli schlägt in eine ähnliche Kerbe: »Wir sind ein Nischenprodukt, aber die Nische wird größer, weil sich einerseits die Gäste verändern und andererseits die heutige Tiefe der Dienstleistung kaum mehr aufrechterhalten werden kann.« Er schließt mit einer Prophezeiung: »Das sind natürlich neue Ansätze, aber ohne diese wird es nicht zu meistern sein.«

Erschienen in

Falstaff Profi Magazin

Sept./Okt. 2022

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