
Heiß begehrt: Die Nachfrage nach Glühwein ist ungebrochen.
© Pexels / Taryn Eliott
von Sonja Planeta
26. Januar 2022
Sinken die Temperaturen, füllen sich die Getränkekarten mit Glühwein. Doch die Meinungen über den warmen Gewürzwein gehen weit auseinander. Glühwein wird ebenso heiß diskutiert wie getrunken, wobei die Negativmeldungen oft zu überwiegen scheinen. »Mir wird übel von Glühwein. Und zwar nicht erst nach dem fünften Becher, sondern bereits vom Geruch«, schreibt etwa Kochbuchautor und Foodjournalist Stevan Paul über die »dampfenden Plörrekessel am Wegesrand, die mit billigem Rotwein, Zucker und Lieblosigkeit gefüllt sind« – um später auf einem Weihnachtsmarkt in Straßburg zu der Erkenntnis zu gelangen: Es geht auch anders.
»Der einzig wahre Glühwein? Ein Vin chaud blanc, nur leicht gesüßt und mit duftender Muskatblüte und Zimt gewürzt.«
Stevan Paul, Foodjournalist
Einfach, aber bitte gut
Was war passiert? Paul bekam einen Vin chaud blanc serviert, einen weißen Glühwein. »Ein einfacher, elsässischer Riesling, nur leicht gesüßt und mit duftender Muskatblüte und Zimt gewürzt«, lobt er. Die Kunst eines guten Glühweins liegt also in seiner Schlichtheit. Ihn herzustellen bedarf nur weniger Zutaten, allen voran natürlich Wein. Doch bereits hier passiert der erste Fehler. »In den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten ging es mit der Qualität von Glühwein steil bergab. Man verwendete zur Herstellung quasi ausschließlich Billigstweine, die der Markt als ›Wein‹ nicht mehr aufnimmt. 98 Prozent der Glühweine, die an den Ständen oder auf Christkindlmärkten verkauft werden, basieren auf Fusel. Für richtig guten Glühwein braucht es aber klarerweise einen hochqualitativen Grundwein«, erklärt Roman Horvath, Weingutsleiter der Domäne Wachau. Was nicht heißt, dass man seine teuersten Rot- und Weißweine aus dem Lager holen und verkochen soll. Dennoch sollte eine gewisse Qualität Voraussetzung sein.
»Für Glühwein eignen sich Weine mit fester Säurestruktur und präzisen Grundaromen: Apfel, Steinobst, Stachelbeeren.«
Roman Horvath, Domäne Wachau
Die Domäne Wachau verwendet beispielsweise ihren eigenen Grünen Veltliner Steinfeder. Die 0,75-Liter-Flasche Glühwein kostet ab Hof 6,90 Euro. Horvath: »Es ist eher ein langfristiges Projekt, um den Konsumenten auch bei Glühwein an angemessene Preise zu gewöhnen.« Generell sollte man für Glühwein frisch-fruchtige Weine nehmen, mit einer festen Säurestruktur und präzisen Grundaromen: Apfel, Steinobst, Stachelbeeren. »Die Weine müssen ganz trocken sein. Sie werden bei uns erst während der Herstellung des Glühweins mit Traubensaft statt mit Zucker gesüßt. Da wir ein Weingut aus der Wachau sind, liegt es auf der Hand, mit weißen Trauben zu arbeiten. Frisch-knackiger Grüner Veltliner eignet sich bestens. Man könnte aber auch Riesling, Müller-Thurgau oder Sauvignon Blanc verwenden. Keinesfalls passen dazu kräftige, üppige Weine.«
Dann kommen die Gewürze dazu: Zimt, Sternanis, Kardamom, Gewürznelken, Zitrusschalen. Die Bandbreite ist groß, wenngleich die Aromen natürlich miteinander harmonieren sollten. Bewährte Kombinationen sind beispielsweise Beeren zu Rotwein und Äpfel zu Weißwein. Achtung aber bei Gewürzen wie Zimt oder Nelken: Ziehen sie zu lange im Glühwein, wird dieser bitter. Und wichtig: Glühwein sollte zwar heiß sein, aber nicht kochen. Andernfalls verdampft nicht nur der Alkohol, auch die Aromen verfliegen.
Nachfrage nach Edelglühwein
Wie unterschiedlich Glühwein interpretiert und für den Gast aufbereitet werden kann, zeigt auch ein Blick nach Dänemark. Dort findet in der Markthalle Torvehallerne in Kopenhagen seit 2014 alljährlich im November die inoffizielle Dänische Glühweinmeisterschaft statt, initiiert von den Gastronomen Lasse Skjønning Andersen und Gorm Wisweh. Teilnehmen kann grundsätzlich jeder, egal ob Privatperson oder Drink-Experte. Den besten Glögg, so der skandinavische Ausdruck für Glühwein, wählt eine Expertenjury und das anwesende Publikum. Die Varianten reichen von Klassikern mit Rotwein, Kardamom, Nelken und Zimt bis hin zu Veredelungen mit Portwein, Rum, Lorbeer oder Chili. Weiter geht es ins australische Sydney: Dort zeigt das Restaurant »Mjolner«, dass Glühwein auch Bar-tauglich sein kann. Der »Blazing Glögg« ist schon längst fixer Bestandteil der Barkarte und zu einer Art Signature Drink geworden. Die Zutaten werden in ein kleines, langstieliges Kupferkännchen gefüllt, angezündet und mehrmals brennend mit Hilfe eines zweiten Kupferkännchens hin und her gegossen. Glühwein mit Show-Effekt also, der in dunklen Bars definitiv Eindruck hinterlässt.
98 Prozent der Glühweine basieren auf Fusel. Für richtig guten Glühwein braucht es aber klarerweise einen hochqualitativen Grundwein.
Den aktuellen Zeitgeist angesichts immer wiederkehrender Corona-Restriktionen trifft die »Aloha Bar«, die in den Wintermonaten im Wiener Museumsquartier einen Punschund Glühwein-Stand betreibt. Seit Oktober 2020 wird das Sortiment auch zu den Gästen nach Hause geliefert, entweder heiß in der 1-Liter-Isolierkanne oder kalt zum selber erwärmen in der 1-Liter-PET-Flasche oder auch im 5-Liter-Gebinde. Glühwein »to go« ist aber auch ein Thema, das wiederum die Winzer auf den Plan ruft, wie Wein-Experte Roman Horvath von der Domäne Wachau beobachtet: »Wenn Glühweinstände nicht öffnen dürfen, verlagert sich der Wunsch der Konsumenten, Glühwein zu trinken, nach Hause. Im Garten oder auf dem Balkon schenkt man sich, Freunden oder Nachbarn dann Glühwein ein, der auch besser sein darf. Bereits letzten Winter haben einige Winzer begonnen, sich mit alten Rezepturen zu beschäftigen und Glühweine abzufüllen, die tatsächlich wieder Spaß machen – vor allem mit guten Weinen als Basis. Uns beschäftigt das Thema bereits seit 2018. Damals haben wir uns zusammengesetzt und darüber diskutiert, wie das perfekte Wachauer Glühweinrezept aussehen könnte. Wir haben die Erfahrungen unserer Mitarbeiter genutzt und hinterfragt, wie zu Hause von den Eltern und Großeltern klassischerweise Glühwein gemacht wurde. Edelglühweine sind zwar immer noch ein Nischenprodukt, doch eines, das boomt.« Und hoffentlich auch eines – so formuliert es zumindest Autor Stevan Paul –, das »die Welt von der Diktatur der Rotwein-Plörre« erlöst.

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